Kein Ende in Sucht ?

Gepostet von Joe Wittrock um 12:08

Mit dem Rauchen aufzuhören ist kinderleicht. Ich habe es schon hundertmal geschafft“ (Samuel L. Clemens alias Mark Twain, 1835–1910)

 

Das Zeitalter der Sucht

 

Da stand er nun, mein Kollege. Reichlich frustriert, abgearbeitet und müde. „Rauchst Du also immer noch?“, fragte ich ihn, als er sich eine Zigarette drehte. „Ja, leider“, antwortete er mürrisch. „Ich glaube, ich stelle mich als Versuchsperson in der Champix®-Studie (Ein Medikament, dass seit 2007 in Deutschland zur Rauchentwöhnung benutzt wird) zur Verfügung“, fügte er selbstironisch hinzu. Dann ging er einmal mehr hin, um sich auf dem Balkon für die getane Arbeit zu „belohnen“. Ich konnte ihn so gut verstehen.

 

Kurz nach meiner Bekehrung war der Kampf gegen das Rauchen mein persönliches „Jericho“ gewesen. Im monatelangen Ringen, das von vielen zwischenzeitlichen Niederlagen geprägt war, hatte der HERR mir den Sieg über diese Sucht geschenkt. Es war für mich ein Kampf auf Knien gegen die eigene Gebundenheit.

 

Heute – 30 Jahre später – weiss ich, dass Süchte jeder Art im Volk Gottes genauso ein Thema sind wie in der Welt derer, die Gott nicht kennen. Es gibt in den Gemeinden nichts, was es nicht auch in den PSY-Sektoren (also in der Psychiatrie und Psychologie) gäbe, die sich hauptsächlich mit der Therapie von Suchtmustern befassen. Manche Experten meinen, dass wir in einem regelrechten „Zeitalter der Sucht“ leben. Wenn das stimmt, dann hat dies auch Auswirkungen auf unsere Gemeinden. Laut dem „Fehlzeiten Report der AOK“ aus dem Jahre 2013 beispielsweise, ist die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage, die durch Suchtkrankheiten verursacht wurden, von 2,07 Millionen im Jahr 2002 auf 2,42 Millionen im Jahr 2012 gestiegen. Das bedeutet eine Zunahme um 17 Prozent. (welt.de/wirtschaft/article119296096/Deutsche-Arbeitnehmer-dopen-sich-in-den Wahnsinn.html)

 

Neben den altbekannten Suchtformen, meist substanzgebundenen Süchten wie beispielsweise dem Rauchen, dem Trinken, dem Fixen und dem Kiffen (um nur einige zu nennen), sind in der Zwischenzeit eine Reihe von Süchten hinzugekommen, die keinen Stoff brauchen, um sich Glück zu verschaffen: die Spielsucht, die Laufsucht, die Internetsucht, der Workolismus, u.v.a.

 

Die Sucht hat viele Gesichter. Daher fällt es nicht leicht, sie zu definieren. Doch eines ist fast allen Süchten gemein: Sie rauben uns die Freiheit, zu der wir von Gott geschaffen sind (vgl. Gal 5,31). Zuerst probieren wir beispielsweise eine Substanz, dann gewöhnen wir uns an sie, dann verlieren wir die Kontrolle und letztendlich zwingt sie uns zum Gebrauch, obwohl wir das eigentlich nicht wollen.

 

Treffend hat Jesus hat einmal gesagt: „Jeder, der die Sünde tut, ist der Sünde Knecht.“ (Joh 8,34). Dies gilt für alle sündigen Gewohnheiten, die uns die Freiheit rauben. Am besten erkennt man ein Suchtverhalten wohl daran, dass wir von ihm gezwungen werden, es auszuüben. Auch wenn der Alkoholiker immer beteuern wird, dass er auch „ohne“ kann.

 

Sucht als Suche

 

Immer scheint der süchtige Mensch etwas zu suchen, wenn er in die Sucht gerät. Der Sex-Süchtige sucht körperliche Nähe, die Anorektikerin die Kontrolle, der Alkoholiker die Entspannung nach getaner Arbeit, der Raucher die Belohnung und der junge Schüler seine Identität in Rollenspielen am PC, die er im wirklichen Leben nicht finden konnte. Der moderne Mensch scheint sich auf der Suche nach dem verlorenen Paradies im Dschungel der Möglichkeiten zu verlieren und zu verheddern.

 

Wie hat das schon der Kirchenlehrer Augustinus (354–430 n.Chr.) ausgedrückt? „Groß bist du, Herr, und über alles Lob erhaben. Und da will der Mensch dich preisen, dieser winzige Teil deiner Schöpfung. Du selbst regst ihn dazu an; denn du hast uns zu dir hin geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir.“

 

Die Ruhe, die wir Menschen suchen, finden wir nur in Jesus Christus. Er hat selbst versprochen: „Kommet her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben.“ (Mt 11,28) Viele Menschen verwerfen dieses Angebot leichtfertig: „Sie suchen, was sie nicht finden, in Liebe und Ehre und Glück, und sie kommen belastet mit Sünden und unbefriedigt zurück.“ (Aus: „Ich bin durch die Welt gegangen“, Eleonore Fürstin von Reuß 1867)

 

„Wenn nun der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr wirklich frei sein“ (Joh 8,36) verspricht uns Jesus. Der Messias ist gekommen, „um den Sanftmütigen frohe Botschaft zu bringen, … um zu verbinden, die zerbrochenen Herzens sind, Freiheit auszurufen den Gefangenen, und Öffnung des Kerkers den Gebundenen.“ (Jes 61,1) Jesus Christus ist der einzige Schlüssel zur Öffnung des Kerkers unserer Sucht. In diesem Kerker sitzen Gläubige oft genauso wie Menschen, die den Herrn nicht kennen. Sie kennen zwar theoretisch den Ausweg aus ihrem Dilemma, praktisch aber werden sie ihrer Gebundenheit oftmals nicht Herr. Dies mag viele Gründe haben. Fakt ist aber auf jeden Fall, dass auch ein wiedergeborener Mensch genauso in Knechtschaft fallen kann. Genau wie Israel in der Richterzeit immer wieder „unter die Knute“ der heidnischen Besatzer kam.

 

Der Weg aus der Sucht beginnt daher mit einem Neubeginn in Jesus Christus. Da, wo wir am Ende sind, fängt er an zu wirken. Da, wo wir unser Versagen eingestehen, sagt er uns seine Hilfe zu. Dies gilt für Menschen, die den Herrn nicht kennen, genauso wie für solche, die vielleicht gläubig sind, aber in gewissen Bereichen ihres Lebens in Gebundenheit leben. Die Inanspruchnahme der Gnade bedeutet nun aber nicht, dass wir die Hände in den Schoss legen sollten, wenn wir uns bekehrt haben. Der Kampf gegen die Sucht ist letztendlich harte Arbeit an eingefahrenen Mustern des Lebens. Der Christ muss ihn genauso kämpfen, wie der Nicht-Christ. Aber er kämpft ihn mit der Hilfe dessen, der stärker ist als die Sucht.

 

Der Kampf gegen die Sucht

 

Wie gehen wir nun mit den Gebundenheiten in unserem Leben um? Einige Menschen erleben eine Befreiung ohne Kampf. Andere kämpfen hart und lange gegen schlechte Gewohnheiten. So oder so gibt es guten Rat im Umgang mit schlechten Gewohnheiten. Im Folgenden sieben Ratschläge zum Umgang mit Süchten:

 

1. Betrachte die Sucht als Feind und nicht als Freund! Mache kaputt, was dich kaputt macht. Entweder du erledigst den Alkohol, oder der Alkohol erledigt dich. Sollte der Teufel tatsächlich „den Schnaps gemacht haben“ (Udo Jürgens), dann haben wir einen mächtigen Gegner. Süchte sind keine Krücken, an denen wir gehen, sondern Hindernisse, die wir überwinden müssen.

 

2. Sei entschieden im Kampf gegen die Sucht! „Wenn aber dein rechtes Auge dich ärgert, so reiß es aus und wirf es von dir“ (Mt 5,29) hat Jesus gelehrt. Man treibt den Teufel mit dem Beelzebub aus, wenn man Fixern anstelle des Heroins Methadon anbietet. Mit einer schlechten Gewohnheit sollte man brechen und nicht verhandeln. Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

 

3. Beuge der Sucht vor! Schaffe alle Dinge außer Haus, die mit deiner Sucht zu tun haben. Für die Bulimikerin ist es gut, wenn der Kühlschrank nachts leer ist. Gelegenheit macht Diebe und Essen macht Hunger. Vorbeugen ist besser als heilen. Dies gilt insbesondere für die Sucht. Lege die Sümpfe deiner Sucht trocken, damit du nicht in ihnen versinkst.

 

4. Meide schlechten Umgang! Denn schlechter Umgang verdirbt gute Sitten. Zu vielen Süchten wird man verführt. Denke nur einmal an die Zeit, als du anfingst zu rauchen! „Willst du nicht auch mal?“ „Probier doch mal!“ Mit diesen kurzen Sätzen fing ein langes Laster an. In Gesellschaft trinkt man besser. Vielleicht sollte man sie aber gerade deshalb eher meiden.

 

5. Gewöhne dir die Dinge einfach ab! Was man sich angewöhnt hat, kann man sich auch wieder abgewöhnen. Die Junkies, mit denen ich gearbeitet habe, haben die Tapeten von den Wänden gekratzt, als sie „den Affen schoben“. Aber nach diesen zwei Wochen waren sie „durch“. Der Mensch ist tatsächlich ein „Gewohnheitstier“ – im Guten wie im Bösen.

 

6. Bleibe hart! Nicht selten kehren Süchte nach vielen Jahren wieder. Unverhofft, überwältigend und verführerisch. Nach 30 Jahren Abstinenz vom Nikotin ertappte ich mich dabei, wie ich immer öfter mal wieder eine Zigarre rauchen wollte. Man hat beobachtet, dass Hunde ihr Erbrochenes essen und gewaschene Schweine sich im Dreck wälzen. So ist einer, der eine Sucht wiederaufbaut, die er einmal abgerissen hatte (vgl. 2Petr 2,22).

 

7. Bete viel! Diesen Rat hatte ich meinem eingangs erwähnten Kollegen (leider) nicht gegeben. Mir aber hat er die Überwindung der Nikotinsucht gesichert. Du bist nicht allein im Kampf gegen die Sucht! Der HERR möchte dir helfen, deine Freiheit zurückzugewinnen. Überwinde deinen Stolz und nimm Hilfe an von dem, der helfen kann. Es kostet dich weniger als elektronische Zigaretten und Nikotinpflaster! Und es wirkt Wunder!

 

Carsten Görsch in „Fest und Treu“ 04/2018

mit freundlicher Genehmigung von CLV – Christliche Literaturverbreitung -e.V  

 

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