Mein Leben im Rausch

Gepostet von Joe Wittrock um 15:47

Ein Kommentar

  1. Markus sagt:

    Brainticket Koks: Weißes Pulver im Schädel

    Stell dir vor, du bist ein Kokser und hättest unbegrenzt die Wahl zwischen Kokain und Essen, dürftest aber nur eines wählen – was würde passieren? Du würdest verhungern!

    Der wohl bekannteste Kokser der letzten Jahre im deutschen Sprachraum, Konstantin Wecker, gab einmal zu, dass er sogar Angst hatte, duschen zu gehen, weil ihn dort die psychischen Entzugssymptome überfallen könnten.

    Der Rausch ist extrem krass, je nachdem ob du dir die „Nase puderst“ oder das Zeug spritzt oder als Highbase oder Crack rauchst; der Kick ist garantiert, ebenso wie der Fall in bodenlose Apathie bis hin zur schizophren-paranoiden Agonie.

    Ich für meinen Teil bevorzugte die Spritze. Meistens als Cocktail-Mix mit Heroin. Ich war ein richtiger Junkie. Aber ich gab auch pures Koks auf einen Löffel, lauwarmes Wasser dazu und gefiltert mit der Spritze aufgezogen und ab in die gierige, zuckende Ader. Der ganze Körper lechzt nach dem Gift und dann: Oh Baby, mir fliegt der Schädel weg. 3, 4, 5 Gramm, kein Problem sich das Zeug den ganzen Tag zu spritzen, alle paar Minuten ein neuer Hit. Die massenhaften Einstichlöcher an den Armen sahen aus wie bunte Reisverschlüsse. Ohrenklingeln, Ozeanrauschen, du fühlst dich stark und mächtig und intelligent und wunderschön und deine Emotionen von 0 auf 180 in 0.01 sec; – aber nur für ein paar Minuten, dann widerst du dich an und hecheslt nach dem Dreck und heulst hysterisch, weil du weißt, dass der Stoff zur Neige geht.

    Die perversen Vorstellungen in Bezug auf den Rausch werden immer krasser: Du malst dir aus, wie es wohl wäre, wenn du eine Kanüle im Arm hättest mit einem Schlauch, der mit einem RIESEN-Tank verbunden ist, und der Tank hat ein paar tausend Liter Koks-Lösung, die dir tröpfchenweise in die Blutbahn gelangen.

    Oh, Mann, wie kann man nur so kaputt sein?

    Und dann der Moment, der alles zum Einstürzen bringt: Das Koks ist alle! Und Downers sind auch keine in Reichweite. Bitte, bitte, mehr Koks!!! Oder wenigstens eine Familienpackung Schlaftabletten oder eine Heroinspritze, die dein ganzes kaputtes Feeling neutralisiert. Joints und Alkohol bewirken in diesem jämmerlichen Zustand schon gar nichts mehr. Aber nichts Beruhigendes in Sicht, der Wahnsinn naht; durchgeknallt und einsam, mitten in der Nacht ein wimmerndes Häufchen Elend – und dabei wollte ich doch immer nur Spaß.

    Aber das war kein Spaß mehr, kein Spiel mehr – jeder Moment hätte tödlich enden können: Herzversagen, Lungenstillstand, Leberkollaps, Hirnschlag.

    Ich bin Gott so dankbar, dass ich das überlebt habe.

    Und dann diese Paranoia! Dieses zwanghafte Immer-wieder-hinschauen-müssen, ob da nicht doch einer steht: Kopf aufs Kissen, Kopf hoch, nach rechts gedreht – da war doch eine Bewegung, oder? Kopf aufs Kissen, Kopf hoch, nach rechts gedreht – da war doch eine Bewegung, oder? Kopf aufs Kissen, Kopf hoch, nach rechts gedreht – da war doch eine Bewegung, oder? Kopf aufs Kissen, Kopf hoch, nach rechts gedreht – da war doch eine Bewegung, oder?

    Idiotenspiel. Aber grausame Realität. Ein Freund von mir schoss im Koksdelirium aus dem Fenster auf seine Kumpels, als sie ihn einfach nur besuchen wollten.

    Und dann, nach x Jahren der Drogen, war es auch bei mir so weit, dass der Tod vor der Tür stand. Mein Herz raste, der Brustkorb vibrierte, meine Hände wurden grün-blau, mein Augeninnendruck war so stark, dass ich dachte, mir platzt gleich der Kopf. Ich hatte Todesangst und ich wusste, dass ich jetzt gleich sterbe und dass ich dann verloren bin, irgendwie konnte ich in diesem Moment ein bisschen über den Punkt des Todes hinausblicken und das bereitete mir in diesem unvorbereiteten Zustand eine unsagbare, nie gekannte Angst vor etwas ganz Schrecklichem. Wenn jetzt nichts passierte, dann käme ich an einen Ort, an den ich nie und nimmer wollte. Es war schrecklich.

    Dann tat ich etwas in dieser Agonie, was ich mir nie gedacht hätte: Ich betete. Seltsam, ich wollte doch mein ganzes Leben nichts mit Gott zu tun haben. Gott war das egal. Er erhörte mein Gebet. Schlagartig ging es mir besser und ich hatte einen nie gekannten Frieden. Ich wusste, es wird alles gut, nur nicht wie, wann und warum. Plötzlich war da ein Vertrauen und Hoffnung und das Beste: Ich wusste, es gibt einen Gott, der in meiner höchsten Not meinen Schrei nach Leben gehört hat und sofort reagierte. Ich erfuhr später von Jesus Christus, der für meinen ganzen Wahnsinn am Kreuz bezahlt hat. Der Glaube daran hat mich von meiner siebzehnjährigen Drogensucht befreit.

    Die Drogen sind Vergangenheit. Ich habe den Affentanz überlebt. Ein letztes Wort an die Freunde des Rausches, egal ob Alkie, Kiffer, Kokser, Junkie oder XTC-Fresser: Wenn du denkst, dass du die Droge kontrollieren kannst, dann hat dich die Droge schon so weit im Griff, dass sie dich völlig kontrolliert, auch wenn du es jetzt noch nicht merkst. Du wirst es aber später merken! Dann gibt es nur eins:

    Johannes-Evangelium Kap. 8, Vers 36: „Wenn nun der Sohn (Jesus Christus) euch frei machen wird, so werdet ihr wirklich frei sein.“ – das ist bei mir eingetreten; wäre das nicht der Fall gewesen, würde ich heute nicht mehr leben.

    In Liebe, Markus

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