Modern Times

Gepostet von Joe Wittrock um 07:19
Da stand Er, ich hätte Ihn berühren können. Irgendwie war Er in unser abgeschlossenes Mitarbeiterzimmer gekommen, wo wir uns schon eine Zeitlang in Klausur befanden. Gerade besprachen wir, was passiert war und wie es nun ohne Ihn weitergehen sollte.
Da stand Er vor uns und fragte, ob wir etwas zu essen hätten. Ruhig nahm Er den gebackenen Fisch, den ich Ihm zögernd hinstreckte, kaute schweigend und sah uns dabei freundlich an. Aber – eigentlich war Er doch tot: vor drei Tagen hatten sie Ihn für alle sichtbar blutig umgebracht! Einer von uns fiel in Ohnmacht.

Können Tote essen?“ fragte Er und half dem Entkräfteten auf den Stuhl zurück. Dabei wirkte Er schön und herrlich wie ein König aus Blut und Licht- ich kann es nicht anders beschreiben – Sein Wesen war Großmut, Liebe, Freiheit – Er war hinreißend, herzlich, himmlisch – und doch irdisch wie einer von uns – aber niemals würde ein Mensch sein können wie Er, furchterregend herrlich und doch – so anziehend gut – wir liebten Ihn.
Endlich löste sich die Spannung: der erste von uns sprang auf und fiel Ihm um den Hals – Stühle kippten um, wir jubelten und lachten und schrien begeistert durcheinander. Alle begrüßten Ihn, als wäre Er ewig fort gewesen, dabei waren es nur drei Tage, und Er war wieder da!
Konnte es für uns etwas Größeres geben, als dass Er zurück war, von wo auch immer? In einem Höhlengrab hatte Er gelegen! Zwei von uns waren am Vormittag hingelaufen, weil es hieß, das Grab sei aufgebrochen worden und Er sei weg, die Leiche gestohlen. Johann behauptete geheimnisvoll, das sei nicht wahr, Er lebe, niemand habe Ihn gestohlen, und erinnerte uns an vieles, das Jesus uns immer wieder gesagt hatte, ohne dass wir es begriffen hätten. Aber jetzt, hier in Seiner plötzlichen Gegenwart fiel es uns wie Schuppen von den Augen und wie ein schwerer Vorhang von unsern Seelen: Er lebte ja ewig, Er war GOTTES SOHN, und deshalb hatte der Tod Ihn nicht halten können! Ganz umsonst hatten wir uns schwerste Sorgen gemacht und waren verzweifelt gewesen.
Das Größte kam dann noch etwa sechs Wochen später: Wir alle waren zusammen mit Ihm zu unserem Lieblingsplatz gegangen, ein grüner Hügel voller Olivenbäume in der Nähe der Stadt. Dort verbrachte Er gern die Nächte allein, betend. An diesem Tag kraxelten wir bis ganz nach oben und plauderten dabei angeregt. Gerade begannen die ersten Sterne zu funkeln, Zikaden zirpten laut, es war warm, wir wollten ein Feuer machen zur Nacht, aber Er hielt uns zurück und verabschiedete Sich von uns. Wo wollte Er diesmal hin? Sollten wir auf dem Berg auf Ihn warten?
Er gab uns einige Instruktionen, was wir ohne Ihn zu tun hätten, und dann, wir trauten unseren Augen kaum, zog Ihn etwas von uns fort, immer höher und höher in die Luft hinein, eine Wolke nahm Ihn wohl, brachte Ihn höher fort von uns, Er winkte, schon weit über den Bäumen – uns allen stand der Mund offen, als wir Ihm nachsahen – ich musste daran denken, wie Er einmal nachts über die stürmische See zu uns gekommen war: Er lief durch das aufgepeitschte Wasser, immer geschickt zwischen den Wellenkämmen hindurch, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, und wir alle brüllten aus Angst vor Gespenstern.
Diesmal war es nicht unheimlich, es gab keinen Sturm, der Abend hatte friedlich und wunderbar begonnen, und so war auch Sein Abschied von der Erde – Sein irdischer Aufenthalt auf unserem, oder sollte man sagen: auf Seinem Planeten war nun Vergangenheit.

Karin Wienekamp, Februar 2021 www.jesus-connect.de

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